09501 Eine Darmspiegelung ist keine Hafenrundfahrt
Irrungen und Wirrungen im Krankenhausmarketing
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Krankenhäuser entdecken das Marketing, manchmal etwas hemdsärmelig, selten wirklich stimmig. Da wird dann ein Jahrhunderte altes Hospital plötzlich „gebrandet”, gestandene Chefärzte zu O-Ton-Gebern in schnell geschnittenen Imagefilmen degradiert. Eine Branche versucht, mit anderen Branchen Schritt zu halten – und schießt dabei nicht selten über das Ziel hinaus. Alle versuchen auf „gerne groß”, dabei verkennen viele, worauf es wirklich ankommt. Ein Plädoyer dafür, dass Marketing im Krankenhaus eben doch sehr anders, aber absolut wichtig ist. von: |
Krankenhausmarketing will zu den „Großen” aufschließen
Patienten gewinnen
Verzeihen Sie, dass dieser Text über Krankenhausmarketing nun nicht – wie vielleicht erwartet – beginnt mit einem Loblied auf die sagenhafte Wirkung eines Logos, auf die überlebenswichtige Notwendigkeit eines Corporate Designs und die alles überragende Ästhetik von „modern” gestalteten Geschäfts- oder Qualitätsberichten. Alle drei Felder halte ich offen gesagt für absolut entbehrlich, wenn es darum geht, Patienten für ein Krankenhaus zu gewinnen. Ich sehe darin vielmehr den Ausdruck eines verzweifelten Versuchs der Krankenhausbranche, in Sachen Marketing & Design zu den „Big Five” der Marketingbranchen aufzuschließen: Automobil, Food, Non-Food, Banken/Versicherer und Reise. Als wäre eine Darmspiegelung tatsächlich eine „große Hafenrundfahrt”, die man mit einem Marken-Branding versehen „modern” bewerben kann. Und als hätte das Label am Eingang eines Krankenhauses auch nur im Ansatz den gleichen Stellenwert in der „Kaufentscheidung” wie z. B. der Stern, wenn sich der Kunde für einen Mercedes entscheidet. Das alles ist auf die Krankenhausbranche bezogen offen gesagt völliger Blödsinn. Die Entscheidung, das Krankenhaus A und nicht das Krankenhaus B aufzusuchen, wird sicher von so einigem beeinflusst, aber nicht wirklich davon, wie z. B. „straight”, „clean” oder „fresh” das Logo gestaltet wurde. Da nehmen sich Branchenvertreter zu wichtig, die Gegenteiliges behaupten. „Marketingsprech” von Design-Agenturen vermag zwar aufgrund einer stolperfreien Grammatik und souveränen Aneinanderreihung von Buzz-Words hier und da noch zu beeindrucken, aber das war es dann auch schnell. Und der meist von einer solchen Agentur vorgeschlagene Versuch, es mit einem eigenen Patientenmagazin der bundesweit beispiellos erfolgreichen „Apotheken-Umschau” („Rentner-Bravo”) nachzumachen, endet meist nur in einem weiteren Krankenhausblättchen, das in sanften Pastelltönen layoutet ist und in der Herbstzeit die Grippeschutzimpfung empfiehlt und ansonsten unter News dann Yoga als „neue Form” des Stressabbaus vorstellt. Good news!?
Verzeihen Sie, dass dieser Text über Krankenhausmarketing nun nicht – wie vielleicht erwartet – beginnt mit einem Loblied auf die sagenhafte Wirkung eines Logos, auf die überlebenswichtige Notwendigkeit eines Corporate Designs und die alles überragende Ästhetik von „modern” gestalteten Geschäfts- oder Qualitätsberichten. Alle drei Felder halte ich offen gesagt für absolut entbehrlich, wenn es darum geht, Patienten für ein Krankenhaus zu gewinnen. Ich sehe darin vielmehr den Ausdruck eines verzweifelten Versuchs der Krankenhausbranche, in Sachen Marketing & Design zu den „Big Five” der Marketingbranchen aufzuschließen: Automobil, Food, Non-Food, Banken/Versicherer und Reise. Als wäre eine Darmspiegelung tatsächlich eine „große Hafenrundfahrt”, die man mit einem Marken-Branding versehen „modern” bewerben kann. Und als hätte das Label am Eingang eines Krankenhauses auch nur im Ansatz den gleichen Stellenwert in der „Kaufentscheidung” wie z. B. der Stern, wenn sich der Kunde für einen Mercedes entscheidet. Das alles ist auf die Krankenhausbranche bezogen offen gesagt völliger Blödsinn. Die Entscheidung, das Krankenhaus A und nicht das Krankenhaus B aufzusuchen, wird sicher von so einigem beeinflusst, aber nicht wirklich davon, wie z. B. „straight”, „clean” oder „fresh” das Logo gestaltet wurde. Da nehmen sich Branchenvertreter zu wichtig, die Gegenteiliges behaupten. „Marketingsprech” von Design-Agenturen vermag zwar aufgrund einer stolperfreien Grammatik und souveränen Aneinanderreihung von Buzz-Words hier und da noch zu beeindrucken, aber das war es dann auch schnell. Und der meist von einer solchen Agentur vorgeschlagene Versuch, es mit einem eigenen Patientenmagazin der bundesweit beispiellos erfolgreichen „Apotheken-Umschau” („Rentner-Bravo”) nachzumachen, endet meist nur in einem weiteren Krankenhausblättchen, das in sanften Pastelltönen layoutet ist und in der Herbstzeit die Grippeschutzimpfung empfiehlt und ansonsten unter News dann Yoga als „neue Form” des Stressabbaus vorstellt. Good news!?
Was käme ins Schaufenster, wenn die Klinik eins hätte?
Welches Produkt „verkauft” ein Krankenhaus?
Bevor wir aber nun weiter einsteigen: Erlauben Sie mir an dieser Stelle eine zutiefst ökonomische Frage: „Welches Produkt „verkauft” ein Krankenhaus eigentlich?” Haben Sie darüber schon mal nachgedacht? Ich kann Ihnen versichern: Wenn Sie diese Frage in Ihrem Bekanntenkreis stellen, kommen die irrwitzigsten Antworten. Und am Ende sind Sie nicht schlauer. Doch wenn es um Marketing und Kommunikation geht, ist eine Frage geradezu maßgeblich – auch und gerade bei Meetings mit Ihrer Geschäftsführung: „Wofür das Ganze eigentlich?” Zweifelsohne haben es da andere Branchen wesentlich leichter. Nehmen wir die Parfümeriebranche: Ein neues Parfüm (Produkt) kommt auf den Markt, die Marketingexperten des Herstellers gehen eine Kooperation mit einer großen Parfümeriekette ein (Vertrieb) und engagieren ein Fotomodell als Testimonial, das sich mit sinnlichem Augenaufschlag in einem Werbespot einen Sprühstoß aus dem stylishen Flakon auf das Dekolleté gönnt (Werbung). Können Sie sich etwas Ähnliches für ein künstliches Hüftgelenk vorstellen? Oder eine Dickdarm-Resektion? Und sind eine Prothese oder eine Krebs-OP überhaupt im klassischen Sinne die Produkte eines Krankenhauses? Was käme in das Schaufenster einer Klinik, wenn sie denn eins hätte?
Bevor wir aber nun weiter einsteigen: Erlauben Sie mir an dieser Stelle eine zutiefst ökonomische Frage: „Welches Produkt „verkauft” ein Krankenhaus eigentlich?” Haben Sie darüber schon mal nachgedacht? Ich kann Ihnen versichern: Wenn Sie diese Frage in Ihrem Bekanntenkreis stellen, kommen die irrwitzigsten Antworten. Und am Ende sind Sie nicht schlauer. Doch wenn es um Marketing und Kommunikation geht, ist eine Frage geradezu maßgeblich – auch und gerade bei Meetings mit Ihrer Geschäftsführung: „Wofür das Ganze eigentlich?” Zweifelsohne haben es da andere Branchen wesentlich leichter. Nehmen wir die Parfümeriebranche: Ein neues Parfüm (Produkt) kommt auf den Markt, die Marketingexperten des Herstellers gehen eine Kooperation mit einer großen Parfümeriekette ein (Vertrieb) und engagieren ein Fotomodell als Testimonial, das sich mit sinnlichem Augenaufschlag in einem Werbespot einen Sprühstoß aus dem stylishen Flakon auf das Dekolleté gönnt (Werbung). Können Sie sich etwas Ähnliches für ein künstliches Hüftgelenk vorstellen? Oder eine Dickdarm-Resektion? Und sind eine Prothese oder eine Krebs-OP überhaupt im klassischen Sinne die Produkte eines Krankenhauses? Was käme in das Schaufenster einer Klinik, wenn sie denn eins hätte?
Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass
Für viele ist Werbung anrüchig
Sie merken, es ist gar nicht so leicht, den Produktkern eines Krankenhauses auf den Punkt zu bringen, um den herum sich eine passende Unternehmenskommunikation aufbauen lässt. Hinzu kommt, dass Krankenhäuser über Jahrzehnte hinweg davon überzeugt waren, dass ihr Geschäft ein Selbstläufer ist. Menschen werden schließlich von ganz alleine krank. Was braucht es da Marketing, was braucht es da eine Corporate Identity? Wenn es brenzlig wird, kommen sie eh ins Krankenhaus. Aber mal abgesehen von diesem mittlerweile etwas antiquierten Hochmut mancher Krankenhäuser tut sich selbst heute in Zeiten von Medizinrankings, Klinikbewertungsportalen & Co. die Mehrzahl der Ärzte und Pflegekräfte immer noch schwer, für ihre Arbeit öffentlich die Werbetrommel zu rühren. Für viele ist Werbung und Vertrieb schlicht anrüchig, hat man den Beruf doch seinerzeit aufgrund ausgesprochen hehrer und altruistischer Ziele gewählt. Wer das Leid von Menschen lindern will, tut dies meist aus einem inneren Antrieb heraus, der konträr zu dem verläuft, was Marketingleute oder Journalisten verlangen: Drama, Aufmerksamkeit und möglichst viel Gefühl auf offener Bühne. Nicht selten ziehen sich deshalb viele Mediziner und Pflegende in die Labore, OPs und Behandlungszimmer zurück und denken: „Sollen doch bitte schön die anderen die Rolle der medienwirksamen Rampensau übernehmen, ich habe Wichtigeres zu tun.” So lässt sich denn auch bereits ein erstes wesentliches Dilemma von Öffentlichkeitsarbeitern im Krankenhaus-Bereich am besten mit einem altbekannten Satz umschreiben: Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass.
Sie merken, es ist gar nicht so leicht, den Produktkern eines Krankenhauses auf den Punkt zu bringen, um den herum sich eine passende Unternehmenskommunikation aufbauen lässt. Hinzu kommt, dass Krankenhäuser über Jahrzehnte hinweg davon überzeugt waren, dass ihr Geschäft ein Selbstläufer ist. Menschen werden schließlich von ganz alleine krank. Was braucht es da Marketing, was braucht es da eine Corporate Identity? Wenn es brenzlig wird, kommen sie eh ins Krankenhaus. Aber mal abgesehen von diesem mittlerweile etwas antiquierten Hochmut mancher Krankenhäuser tut sich selbst heute in Zeiten von Medizinrankings, Klinikbewertungsportalen & Co. die Mehrzahl der Ärzte und Pflegekräfte immer noch schwer, für ihre Arbeit öffentlich die Werbetrommel zu rühren. Für viele ist Werbung und Vertrieb schlicht anrüchig, hat man den Beruf doch seinerzeit aufgrund ausgesprochen hehrer und altruistischer Ziele gewählt. Wer das Leid von Menschen lindern will, tut dies meist aus einem inneren Antrieb heraus, der konträr zu dem verläuft, was Marketingleute oder Journalisten verlangen: Drama, Aufmerksamkeit und möglichst viel Gefühl auf offener Bühne. Nicht selten ziehen sich deshalb viele Mediziner und Pflegende in die Labore, OPs und Behandlungszimmer zurück und denken: „Sollen doch bitte schön die anderen die Rolle der medienwirksamen Rampensau übernehmen, ich habe Wichtigeres zu tun.” So lässt sich denn auch bereits ein erstes wesentliches Dilemma von Öffentlichkeitsarbeitern im Krankenhaus-Bereich am besten mit einem altbekannten Satz umschreiben: Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass.
