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10713 Gewalt und Aggression gegenüber Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Gesundheitswesen

Prävention und Schutz durch professionelle Kommunikation

Die Gewaltausübung von Patienten gegenüber dem Personal im Gesundheitswesen wird im ambulanten und stationären Bereich laut aktuellen Studien zu einem wachsenden Problem. Mit welchen Formen von physischer und psychischer Gewalt sind Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Gesundheitswesen in ihrem Alltag zunehmend konfrontiert und wie kann Kommunikation helfen, diese im Vorfeld zu verhindern oder zu begrenzen?
von:

1 Einleitung

Bestandteil ihres Alltags
Erlebte Aggression und Gewalt sind für einen großen Teil der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Gesundheitswesen trauriger Bestandteil ihres Alltags. Die Bedrohung und Gefahr durch tätliche Angriffe wie Schlagen, Schubsen, Treten und Spucken sowie durch verbale Attacken wie Beschimpfungen und Drohungen, die sie durch Patientinnen und Patienten erleben, müssen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor allem in der Pflege, in der Notaufnahme und in psychiatrischen Kliniken als dauernde Konstante hinnehmen. Da in der Öffentlichkeit jedoch der Blick meist auf die Ursachen und Folgen von Gewaltausübung auf Patienten (insbesondere in der Altenpflege und in psychiatrischen Kliniken) gerichtet wird, gerät die schwierige Situation für einen Großteil von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Gesundheitswesen aus dem Sichtfeld. Das hat zur Folge, dass vonseiten der betroffenen Mitarbeiter die erlebte Gewalt größtenteils als unglückliche Realität, als ein unabwendbarer Risikofaktor und hinzunehmende Tatsache gesehen wird [1]. Dabei zeigen statistische Erhebungen, wie brisant und gefährlich sich der Alltag vieler Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Gesundheitsbereich gestaltet. Ganz generell belegen Studien aus dem europäischen und dem deutschsprachigen Raum, dass zwischen 20 und 90 Prozent der Mitarbeitenden innerhalb von 12 Monaten physische und verbale Gewalt durch Patientinnen und Patienten erfuhren [2]. In einer Studie aus dem Jahr 2007 wurden 2.495 Mitarbeiter, die auf verschiedenen Stationen in einem schweizerischen Universitätskrankenhaus tätig sind, befragt. Die Hälfte der Mitarbeiter erlebte laut dieser Untersuchung in den vergangenen 12 Monaten Patienten- und Besuchergewalt [3].
Erlebte Gewalt
Neuere Studien zeigen auch, dass nach Einschätzung betroffener Mitarbeitenden die Gewaltbereitschaft sogar zunimmt (beispielsweise in Notaufnahmen) und immer häufiger eskaliert [4], da das Aggressionspotenzial höher und die Hemmschwelle niedriger geworden ist [5]. Eine aktuelle Studie zu Patientenübergriffen in zwei deutschen Kliniken für Psychiatrie und Psychotherapie im Zeitraum von 2008 bis 2015 zeigte, dass es eine leicht steigende, aber nicht lineare Tendenz gewaltsamer Übergriffe vonseiten der Patienten gibt, vor allem gegenüber Pflegepersonal [6]. Die Gewaltereignisse wurden dabei differenziert betrachtet (Gewalt gegen Sachen oder Personen, unterteilt nach Pflegepersonen, Ärzten oder Mitpatienten) und im Zeitverlauf analysiert. Die Reaktionen des betroffenen Personals sind sehr vielfältig und äußerst unterschiedlich: Sie reichen von Ertragen und Weghören bis hin zum Ergreifen von Schutzmaßnahmen (Einsatz Notruftaste, Fixierungsmaßnahmen) und Gegengewalt. Die Dauerbelastung durch eine unwillkürliche Erwartungshaltung der nächsten Gefahrensituation und permanente akute Bedrohungssituationen erzeugt weiterhin eine zunehmende Hilflosigkeit und Resignation, sodass der Zustand, der Gefahr von Übergriffen ausgesetzt zu sein, anscheinend die meisten Pflegenden in eine Art paradoxes Reaktionsmuster führt.
Paradoxes Reaktionsmuster
Es wird Gewalt geduldet, als „normal” akzeptiert und auch nicht selten gar verschwiegen und damit auch tabuisiert [7]. In diesem Beitrag soll, neben einer genaueren Definition von Gewalt, geklärt werden, welchen Formen von Aggressionen Mitarbeitende im Pflege- und Notfallbereich ausgesetzt sind. Jenseits von Überlegungen zu Sicherheits- und Schutzmaßnahmen für Betroffene wird zentral der Frage nachgegangen, inwieweit und in welcher Form Kommunikation (insbesondere die Gewaltfreie Kommunikation nach Marshall Rosenberg) zur Prävention und Deeskalation von Gewalt und Aggression im Gesundheitsbereich beitragen kann und wie sich Mitarbeitende so besser vor Übergriffen von Patienten und deren Angehörigen schützen können.

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