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08610 Digitalisierung im Krankenhaus – nun endlich und bitte schnell mit dem Krankenhauszukunftsgesetz

Die Digitalisierung ist im deutschen Gesundheitswesen und auch in dessen Krankenhäusern nur in geringem Maße angekommen. Durchgängige IT-gestützte klinische Prozesse, umfassende strukturierte Erfassung von klinischen Daten oder deren Analyse mithilfe von regelbasierten Softwarealgorithmen oder künstlicher Intelligenz sind eher die Ausnahme als der Regelfall in der deutschen Krankenhauslandschaft.
Dies hat auch die Politik – beschleunigt durch die dramatische Situation während der ersten COVID-19-Welle – erkannt und mit dem Krankenhauszukunftsgesetz (KHZG) einen gesetzlichen Rahmen geschaffen und mit Fördermitteln ausgestattet, um die Krankenhäuser in Deutschland mit einem Kraftakt in das digitale Zeitalter zu befördern. Dieser Beitrag befasst sich mit der Ausgangssituation, den damit einhergehenden Herausforderungen und den Chancen dieser Digitalisierungsbestrebungen.
von:

1 Einleitung

1.1 „Das Bessere ist der Feind des Guten”

Lange Zeit kein großer Leidensdruck
Nach Voltaire ist „das Bessere der Feind des Guten”. Dieses Sprichwort kann sehr gut auf die Situation der Digitalisierung des deutschen Gesundheitssystems und seiner Versorgungseinrichtungen in den letzten beiden Jahrzehnten angewendet werden. Die gute Nachricht dabei ist: Das deutsche Gesundheitswesen gehört ohne Zweifel zu den leistungsfähigsten in der Welt. Da es aber über viele Jahre in den meisten Bereichen analog, also auf Papier, eine hervorragende Patientenversorgung sichergestellt hat, gab es auch lange Zeit keinen großen Leidensdruck, keine priorisierte Notwendigkeit, die große Veränderungen angestoßen hätte. Klar ist: Die umfassende Digitalisierung des komplexen deutschen Gesundheitswesens erfordert einen gewaltigen Veränderungsprozess. Daher lag der Fokus von Veränderungen der letzten Jahre primär auf vermeintlich einfachen, administrativen Prozessen, wobei IT bei der Patientenverwaltung, Warenwirtschaft und Abrechnung unterstützen sollte. Die klinischen Kernprozesse und medizinische Dokumentation finden jedoch weiterhin in vielen Bereichen in Form von Papierakten statt, sodass die Potenziale digitaler Prozesse und Datennutzung ungenutzt bleiben. Diverse Studien und Erhebungen zum Digitalisierungsgrad des deutschen Gesundheitssystems bestätigen, dass Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern ein Nachzügler im Bereich Gesundheit ist und es einen immensen Aufholbedarf gibt.

1.2 Es braucht Digitalisierung anstatt Elektrifizierung

Prozessanpassungen notwendig
Auf der anderen Seite sind die Potenziale einer Digitalisierung der Medizin enorm. Bereits heute klagen viele Leistungserbringer über den hohen administrativen Aufwand, dem sie sich ausgesetzt sehen. Die Chance, die die Digitalisierung bietet, ist, diesen Dokumentationsaufwand durch Automatisierung deutlich zu reduzieren, wobei es einen wesentlichen Unterschied zwischen Digitalisierung und „Elektrifizierung” gibt: Richtige Digitalisierung findet immer umfassend über eine komplette Wertschöpfungskette statt. Sie bedingt immer Prozessanpassungen, um Nutzen aus den in digitaler Form vorliegenden Daten zu ziehen. Die Vernetzung und der Einbezug aller Beteiligten spielen bei der Digitalisierung eine entscheidende Rolle. Elektrifizierung bezeichnet in diesem Zusammenhang die simple Überführung eines Bestandsprozesses in ein IT-System. Geschieht dies isoliert und nur für einen Teilbereich des gesamten Wertschöpfungsprozesses, besteht sogar die Gefahr, dass sich der Gesamtaufwand erhöht, da dann an wichtigen Übergabepunkten die Daten auf der einen Seite digital und auf der anderen Seite auf Papier vorliegen und häufig zusätzlich übertragen werden müssen, was zu Redundanzen führt. Dann besteht sogar die Gefahr, dass digitale Prozesse als Belastung statt als Erleichterung wahrgenommen werden.

1.3 Der demografische Wandel macht Digitalisierung unabdingbar

Zahlen und Fakten
Dass das deutsche Gesundheitssystem in puncto Digitalisierung grundlegend neu aufgestellt werden muss, wird spätestens klar, wenn man sich den demografischen Wandel vor Augen führt. Die Menschen in Deutschland werden immer älter. Die heutige Lebenserwartung von neugeborenen Jungen in Deutschland liegt bei 78,6 und die der Mädchen bei 83,4 Jahren. Im Vergleich dazu lag die Lebenserwartung für Neugeborene im Jahr 1960 um etwa zehn Jahre niedriger. Und dieser Trend wird sich fortsetzen: Für die Lebenserwartung bei Geburt bis 2060 werden zusätzliche drei bis acht Jahre prognostiziert [1]. Da die Geburtenrate in Deutschland bei durchschnittlich etwa 1,5 Kindern pro Frau liegt, erwarten wir eine zunehmende Alterung der deutschen Bevölkerung in den nächsten Jahren. Bis zum Jahr 2035 wird die erwerbsfähige Bevölkerung um vier bis sechs Millionen zurückgehen (ohne Nettozuwanderung würde sich die Bevölkerung im Erwerbsalter sogar um neun Millionen Menschen verringern). Die Zahl der Menschen im Alter ab 67 Jahre wird bis 2039 um fünf bis sechs Millionen wachsen, die Zahl der Menschen im Alter ab 80 Jahren wird kontinuierlich zunehmen und von 5,4 Millionen im Jahr 2018 auf 8,9 bis 10,5 Millionen in den folgenden 20 Jahren wachsen [2].

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