10722 Mobbing – hinsehen, vorbeugen, handeln
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Untersuchungen weisen darauf hin, dass Arbeitnehmer in sozialen Berufen einschließlich Pflegeberufen ein signifikant höheres Risiko als Angehörige anderer Berufsgruppen haben, Opfer von Mobbing am Arbeitsplatz zu werden.
Der Beitrag wirkt auf eine Versachlichung des stark emotional geprägten Themas hin. Er zeigt Möglichkeiten der betrieblichen Intervention, vor allem aber der Mobbingprävention auf. von: |
1 Mobbing: Eskalation eines alltäglichen Konflikts
Problembeschreibung
Mobbing hat viele Gesichter: Der „Terror am Arbeitsplatz” entwickelt sich häufig aus alltäglichen Konflikten, wie sie im Arbeitsleben ständig vorkommen können und bei denen die Beteiligten wechselseitig Respekt und fairen Umgang vermissen lassen.
Mobbing hat viele Gesichter: Der „Terror am Arbeitsplatz” entwickelt sich häufig aus alltäglichen Konflikten, wie sie im Arbeitsleben ständig vorkommen können und bei denen die Beteiligten wechselseitig Respekt und fairen Umgang vermissen lassen.
Klare Rollenverteilung zwischen Täter und Opfer
Eskaliert eine solche Situation und verfestigt sie sich zu einem dauerhaften Mobbinggeschehen, zeigt sich jedoch eine charakteristische, eindeutige Rollenverteilung: der gemobbte Beschäftigte, das Mobbingopfer, das systematisch angefeindet und schikaniert wird, auf der einen Seite – der oder die Mobbingtäter auf der anderen.
Eskaliert eine solche Situation und verfestigt sie sich zu einem dauerhaften Mobbinggeschehen, zeigt sich jedoch eine charakteristische, eindeutige Rollenverteilung: der gemobbte Beschäftigte, das Mobbingopfer, das systematisch angefeindet und schikaniert wird, auf der einen Seite – der oder die Mobbingtäter auf der anderen.
Nach Heinz Leymann, der als Begründer der Mobbingforschung gilt und der die ersten wissenschaftlichen Veröffentlichungen zum Thema Mobbing verfasst hat, ist das Mobbingopfer vor allem Angriffen auf
| • | seine Möglichkeit, sich selbst mitzuteilen, |
| • | seine sozialen Beziehungen, |
| • | sein soziales Ansehen, |
| • | seine Berufs- und Lebenssituation und auf |
| • | seine Gesundheit |
ausgesetzt.
Auswirkungen auf das Opfer
Die negativen Auswirkungen von Mobbing betreffen das Mobbingopfer am intensivsten: Die Zielscheibe von Mobbingattacken zu sein, bedeutet einen unerträglichen Zustand, der oft mit deutlichem Leistungsabfall, mit körperlichen und psychischen Beschwerden einhergeht und bis hin zur dauernden Arbeitsunfähigkeit führen kann. Immer wieder berichten die Medien auch über extreme Fälle, bei denen ein Suizid unmittelbar auf Mobbing zurückgeführt wird.
Die negativen Auswirkungen von Mobbing betreffen das Mobbingopfer am intensivsten: Die Zielscheibe von Mobbingattacken zu sein, bedeutet einen unerträglichen Zustand, der oft mit deutlichem Leistungsabfall, mit körperlichen und psychischen Beschwerden einhergeht und bis hin zur dauernden Arbeitsunfähigkeit führen kann. Immer wieder berichten die Medien auch über extreme Fälle, bei denen ein Suizid unmittelbar auf Mobbing zurückgeführt wird.
Betriebswirtschaftliche Auswirkungen
Aber nicht nur das Mobbingopfer leidet unter den Angriffen: Auch dem Arbeitgeber drohen durch Mobbing Produktivitätseinbußen in seinem Betrieb. Sie werden durch den Leistungsabfall und die Fehlzeiten des Mobbingopfers verursacht, haben aber ihren Grund auch darin, dass die Mobbinghandlungen die Arbeitskraft und die Ressourcen der Täter binden.
Aber nicht nur das Mobbingopfer leidet unter den Angriffen: Auch dem Arbeitgeber drohen durch Mobbing Produktivitätseinbußen in seinem Betrieb. Sie werden durch den Leistungsabfall und die Fehlzeiten des Mobbingopfers verursacht, haben aber ihren Grund auch darin, dass die Mobbinghandlungen die Arbeitskraft und die Ressourcen der Täter binden.
Volkswirtschaftliche Auswirkungen
Schließlich belasten die langen Fehlzeiten und – vermeidbaren – Erkrankungen die Volkswirtschaft, da Sozial- und andere Unterstützungsleistungen zu erbringen sind, deren Bereitstellung ohne das Mobbing nicht erforderlich wäre.
Schließlich belasten die langen Fehlzeiten und – vermeidbaren – Erkrankungen die Volkswirtschaft, da Sozial- und andere Unterstützungsleistungen zu erbringen sind, deren Bereitstellung ohne das Mobbing nicht erforderlich wäre.
Aufgrund dieser Erwägungen liegt die Vermeidung von Mobbing nicht nur im Interesse des (potenziellen) Opfers, sondern ist auch betriebs- und volkswirtschaftlich geboten.
2 Mobbing – in aller Munde
Das Thema Mobbing erscheint in den Medien als ein „Modethema”, der Begriff „Mobbing” wird als Synonym für jeden alltäglichen Konflikt, vor allem am Arbeitsplatz, verwendet. Häufig weisen Mitarbeiter auch berechtigte Kritik an ihrem Arbeitsergebnis oder Arbeitsverhalten mit dem Vorwurf zurück, der rügende Vorgesetzte mobbe sie.
Vorsicht bei therapeutischen und rechtlichen Ratschlägen
Der Büchermarkt hat eine unüberschaubare Zahl von Mobbingratgebern hervorgebracht, und auch im Internet hat sich eine Vielzahl von Foren und mehr oder minder seriösen Anbietern etabliert, die den Opfern Hilfe versprechen. Hier ist Vorsicht angebracht! Produkte des „grauen Markts” enthalten oft fragwürdige therapeutische und rechtliche Hinweise und Ratschläge, denen es an Professionalität mangelt und die einer näheren Überprüfung nicht standhalten.
Der Büchermarkt hat eine unüberschaubare Zahl von Mobbingratgebern hervorgebracht, und auch im Internet hat sich eine Vielzahl von Foren und mehr oder minder seriösen Anbietern etabliert, die den Opfern Hilfe versprechen. Hier ist Vorsicht angebracht! Produkte des „grauen Markts” enthalten oft fragwürdige therapeutische und rechtliche Hinweise und Ratschläge, denen es an Professionalität mangelt und die einer näheren Überprüfung nicht standhalten.
Selbstverständlich gibt es auch seriöse Ratgeber, existiert auch wissenschaftlich fundierte Fachliteratur zu den verschiedenen Facetten des Problems. Wer als Mobbingopfer Informationen, therapeutische oder rechtliche Hilfe sucht, tut gut daran, sich an seriöse Beratungsstellen zu wenden. Ein Hinweis auf die Seriosität einer Beratungsstelle ist ihre vertrauenswürdige Trägerschaft. Für Beschäftigte im Gesundheitswesen gibt es auch Angebote mit besonders ausgeprägter Branchennähe. So bieten sich für betroffene Pflegekräfte etwa die Beratungsstellen der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di und für das ärztliche Personal die Beratung durch den Marburger Bund an.
3.1 Wissen, worüber man spricht – oder: Definitionsansätze zu Mobbing
Versachlichung
Da der Begriff Mobbing inflationär gebraucht wird, bedarf es einer klaren Abgrenzung zu anderen Konflikten in der Arbeitswelt. Eine solche definitorische Abgrenzung dient der Versachlichung, die gerade bei einem so emotional geprägten Thema erforderlich ist.
Da der Begriff Mobbing inflationär gebraucht wird, bedarf es einer klaren Abgrenzung zu anderen Konflikten in der Arbeitswelt. Eine solche definitorische Abgrenzung dient der Versachlichung, die gerade bei einem so emotional geprägten Thema erforderlich ist.
Mit einer Mobbingdefinition kann erreicht werden,
| • | nicht jedweden Konflikt am Arbeitsplatz als Mobbing zu bezeichnen, |
| • | dadurch die gravierenden Fälle zu identifizieren, bei denen eine Intervention erforderlich ist und |
| • | für solche Mobbingfälle adäquate Hilfs- und Unterstützungsangebote zu installieren und bereitzuhalten. |
Keine gesetzliche Definition
Eine gesetzliche Definition des Begriffs „Mobbing” existiert in Deutschland nicht. Verschiedene Gerichtsurteile, darunter auch höchstrichterliche Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts, enthalten zwar Definitionsansätze; diese sind jedoch für die betriebliche Praxis oft wenig griffig. Die Schwierigkeit, eine griffige Definition zu finden, hat ihre Ursache in dem Phänomen Mobbing selbst: Es ist für Mobbinghandlungen charakteristisch, dass sie sich in einem Graubereich zwischen „noch erlaubt” und „schon verboten” bewegen. Bei isolierter Betrachtung wiegt ein Angriff oft nicht schwer, stellt für sich betrachtet vielleicht noch keine Rechtsverletzung dar. Bei der Frage, ob Mobbing vorliegt oder nicht, müssen die einzelnen Handlungen immer in einem größeren Zusammenhang – mit den Worten des Bundesarbeitsgerichts: in einer wertenden Gesamtschau – betrachtet und gewürdigt werden.
Eine gesetzliche Definition des Begriffs „Mobbing” existiert in Deutschland nicht. Verschiedene Gerichtsurteile, darunter auch höchstrichterliche Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts, enthalten zwar Definitionsansätze; diese sind jedoch für die betriebliche Praxis oft wenig griffig. Die Schwierigkeit, eine griffige Definition zu finden, hat ihre Ursache in dem Phänomen Mobbing selbst: Es ist für Mobbinghandlungen charakteristisch, dass sie sich in einem Graubereich zwischen „noch erlaubt” und „schon verboten” bewegen. Bei isolierter Betrachtung wiegt ein Angriff oft nicht schwer, stellt für sich betrachtet vielleicht noch keine Rechtsverletzung dar. Bei der Frage, ob Mobbing vorliegt oder nicht, müssen die einzelnen Handlungen immer in einem größeren Zusammenhang – mit den Worten des Bundesarbeitsgerichts: in einer wertenden Gesamtschau – betrachtet und gewürdigt werden.
Für die betriebliche Prävention hat sich eine Definition bewährt, die 2003 von der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung auf der Grundlage der wissenschaftlichen Literatur entwickelt wurde. Sie lautet:
Mobbing ist eine konflikthafte Kommunikation am Arbeitsplatz unter Kollegen oder zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern, bei der
| • | eine Person von einer oder mehreren Personen |
| • | systematisch |
| • | oft (mindestens einmal pro Woche) und |
| • | während längerer Zeit (mindestens über sechs Monate) |
| • | mit dem Ziel des Ausstoßes aus dem Arbeitsverhältnis |
direkt oder indirekt angegriffen wird.
Messbare Parameter
Dieser Ansatz hat gegenüber vielen anderen Definitionen, die an den subjektiven Befindlichkeiten des Opfers ansetzen, den Vorteil, zumindest einige messbare Parameter zu enthalten.
Dieser Ansatz hat gegenüber vielen anderen Definitionen, die an den subjektiven Befindlichkeiten des Opfers ansetzen, den Vorteil, zumindest einige messbare Parameter zu enthalten.
3.2 Intervention
Fürsorgepflicht: einschreiten und schützen
Bei Mobbingfällen in der Klinik und auf der Station dürfen Arbeitgeber und Führungskräfte (Stationsarzt, Pflegedienstleitung, Stationsleitung) nicht wegsehen. Schon aus ihrer Fürsorgepflicht sind sie gehalten, gegen Mobbing einzuschreiten und sich schützend vor das Opfer zu stellen. Dazu gehört es, einem Mobbingvorwurf nachzugehen und einen Mobbingverdacht aufzuklären.
Bei Mobbingfällen in der Klinik und auf der Station dürfen Arbeitgeber und Führungskräfte (Stationsarzt, Pflegedienstleitung, Stationsleitung) nicht wegsehen. Schon aus ihrer Fürsorgepflicht sind sie gehalten, gegen Mobbing einzuschreiten und sich schützend vor das Opfer zu stellen. Dazu gehört es, einem Mobbingvorwurf nachzugehen und einen Mobbingverdacht aufzuklären.
